zurückNewsletter-Heatmaps: Hilfreich oder nutzloser Unfug?

15.06.2011: Man nennt sie Blickverlauf-Studien, Aufmerksamkeits-Analysen oder Eyetracking-Untersuchungen. Es soll damit die Wahrnehmung und der Leseverlauf eines Mailings (oder einer Webseite) erfasst werden. So können Inhalte optimiert werden, bevor das Mailing überhaupt verschickt wird. Cool, oder?

Früher waren dafür sündteure Studien notwendig, wo mit Kameras die Augenbewegungen gemessen und analysiert wurden. Doch heute gibt es Dienste, die versprechen, mit "Erkenntnissen aus der Hirnforschung" diese Eye-Tracking Studien zu simulieren - zu einem Bruchteil der Kosten und in Echtzeit.

So liest man beispielsweise: "Die Analyse ist rein computerberechnet, nähert sich in Umfang und Genauigkeit aber teueren Eye-Tracking-Experimenten". Klingt verlockend! Doch funktioniert das auch?

Wir waren neugierig und haben gleich drei verschiedene Anbieter getestet - alle mit dem gleichen (!) Sujet. Da die Rahmenbedingungen die gleichen waren, sollten ja wohl auch die Ergebnisse ähnlich sein. Richtig?

1. Das Test-Objekt

Wir arbeiten gerade mit Hochdruck an einem neuen Layout für unseren Newsletter. Die Artikel sind nur Platzhalter mit Dummy-Texten, doch das ist für die Studie freilich egal. Dieses Layout haben wir getestet:

Wir haben diese Newsletter-Vorlage einem Test mit drei Heatmaps-Software-Tools unterzogen. Mit überraschendem Ergebnis!

(Tipp: Überlegen Sie für sich kurz einmal, wo Sie Bereiche mit viel bzw. wenig Aufmerksamkeit erwarten würden)

2. Die Ergebnisse der Studien

Wir haben drei verschiedene Anbieter getestet. Zwei davon analysierten das Layout ausschließlich über eine Simulation - eine Studie war eine "echte" Blickverlauf-Studie, d.h. für eine Studie wurden die Augen-Bewegungen von echten Menschen gemessen und analysiert.

Die Ergebnisse werden in sog. "Heatmaps" dargestellt. Je "heißer" die Farbe, umso mehr Blickkontakte gibt es auf dem jeweiligen Bereich.

Hier die Ergebnisse (zur Erinnerung: es wurde für alle Tests das gleiche Sujet verwendet):

Die drei Tools zeigen für das gleiche Sujet komplett unterschiedliche Heatmaps.

3. Unser Fazit: Kein einheitliches Resultat

Bereits auf den ersten Blick fällt auf: Die Ergebnisse sind völlig unterschiedlich.

Bei der linken Heatmap konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf die Überschriften, insbesondere des unteren Artikels und jenen in der linken Spalte; Die Bilder werden angeblich kaum beachtet.

Das mittlere Ergebnis zeigt eine Konzentration auf das große Bild oben und das Bild eines Artikels im unteren Drittel.

In der rechten Analyse spielt sich fast die gesamte Aufmerksamkeit im oberen Bereich ab - nicht einmal auf das große Bild oben entfallen viele Blickkontakte.

Doch die Ergebnisse sind nicht nur unterschiedlich - sie widersprechen vielfach auch dem logischen Hausverstand:

  • In den meisten Ergebnis-Heatmaps wird den Bildern kaum Beachtung geschenkt - die Aufmerksamkeit scheint sich rein auf die Überschriften zu konzentrieren. Das klingt wenig realistisch.
  • Gerade bei der linken und der mittleren Analyse entfällt viel Aufmerksamkeit auf den mittleren und unteren Bereich des Newsletters - der obere Teil des Newsletters wird vergleichsweise wenig beachtet. Angesichts der Tatsache, dass die Leser hier teilweise scrollen müssen (und nur der obere Bereich z.B. im Vorschaufenster erscheint), scheint das völlig unglaubwürdig .
  • Auf die auffälligen Buttons wird angeblich so gut wie gar nicht geschaut - aber auf kleine Fliesstexte in unmittelbarer Nähe sehr wohl. Das erscheint wenig logisch.

4. Unsere Meinung: Noch nicht gut genug.

Schade, die Idee klingt super - doch noch funktioniert das Ganze nicht.

Wir halten es sogar für gefährlich : Es wird eine Schein-Wissenschaftlichkeit vermittelt, auf deren Basis Unternehmen Inhalte ihres Mailings anpassen oder Optimierungen vornehmen, die durch die Heatmaps suggeriert werden. Doch die Gefahr ist groß, dass dabei der Hausverstand auf der Strecke bleibt, wenn man im blinden Vertrauen auf das Ergebnis rasch irgendwelche Optimierungen vornimmt.

So könnte die Wirkung des Mailings vielleicht sogar verschlechtert werden. Denn die Änderungen, die sich durch unsere drei Ergebnis-Heatmaps ergeben würden, wären jeweils völlig unterschiedlich...

(Übrigens, die "echte" Eyetracking-Studie war jene ganz links - aber auch hier werfen die Ergebnisse für uns einige Fragezeichen auf...)

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